Zur Klarstellung
Wenn wir von einem gefälschten Testament sprechen, sprechen wir davon, dass eine Person X ein bestehendes Testament so abgeändert hat oder selbst ein Schriftstück verfasst hat, in dem sie als Erbe ausgewiesen ist.
Ist die Rede von einem Erbschleicher, ist der Sachverhalt ein anderer. Erbschleicher sind meist im Besitz rechtmäßiger Testamente. Der Name des Erbschleichers steht deshalb im Testament, weil er sich so lange um den Erblasser bemüht hat, bis dieser bereit war, den Erbschleicher im Testament als Erben zu bestimmen. Der Erbschleicher verdient seinen Namen dadurch, dass er durch seine Erbschleicherei einen gesetzlichen Erben aus seiner Position als Erben verdrängt hat oder den Erblasser dazu motiviert hat, ein bestehendes Testament zu seinen Gunsten abzuändern. Ein gefälschtes Testament und Erbschleicherei haben zwar viele Berührungspunkte, sollten aber als unterschiedliche Themen betrachtet werden.
Ein nachweislich gefälschtes Testament ist unwirksam. Das Testament, das der Erblasser infolge der Bemühungen eines Erbschleichers errichtet hat, ist hingegen meist wirksam und stellt im Regelfall kein gefälschtes Testament dar.
Wann ist ein Testament ein gefälschtes Testament?
Es kommt immer darauf an, warum Sie ein Testament für ein gefälschtes Testament halten. Es gibt dafür eine ganze Reihe unterschiedlichster Ansatzpunkte. Der einfachste Fall ist der, dass der Text oder die Unterschrift unter dem Schriftstück nicht oder aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von dem Erblasser stammt. Auch kann ein Ansatzpunkt darin bestehen, dass im Text des Schriftstücks offensichtlich Änderungen vorgenommen wurden, indem beispielsweise die Erbquote eines Erben oder der Betrag eines Vermächtnisses abgeändert wurden. Wurde beispielsweise der Betrag eines Vermächtnisses in Höhe von ursprünglich "1000 EUR" dadurch verändert, dass eine "0" angehängt wurde, handelt es sich offensichtlich um eine Fälschung im Detail. Das Testament ansonsten wäre aber wirksam.
Haben Sie begründete Zweifel, dass es sich bei einem vorgelegten Testament um ein gefälschtes Testament handelt, bleibt nur, die Echtheit und die Eigenhändigkeit des Schriftstückes durch ein schriftvergleichendes Gutachten eines Schriftsachverständigen überprüfen zu lassen. Sie werden dabei im Regelfall nicht ohne gerichtliche Hilfe Ergebnisse erreichen. Wird durch ein schriftvergleichendes Gutachten festgestellt, dass eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Erblasser stammt, handelt es sich um ein echtes Testament.
Nur wenn sich durch das Schriftgutachten das Gegenteil beweisen lässt, liegt ein gefälschtes Testament vor (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8.5.2013, 1-3 Wx 47/12). Sind Sie also derjenige, der sich auf das unwirksame Testament beruft und selbst sein Erbrecht beansprucht, müssen Sie das vermeintlich gefälschte Testament anfechten und darlegen und beweisen, dass es sich dabei um ein gefälschtes Testament handelt. Gelingt der Nachweis nicht, gehen Sie leer aus.
Welche Ansatzpunkte gibt es für ein gefälschtes Testament?
Der Gesetzgeber hat das Risiko, dass Testamente gefälscht werden können, sehr genau erkannt und versucht, Vorkehrungen zu treffen, um die Fälschung von Testamenten zu erschweren. Außerdem hat er Ansatzpunkte vorgegeben, an denen Sie ein Testament auf seine Echtheit überprüfen können. Vielfach ergibt die Prüfung, dass es sich um ein formell unwirksames Testament handelt. Ob es sich auch um ein gefälschtes Testament handelt, ist wieder eine andere Frage.
- Ein Testament setzt voraus, dass der Erblasser den Text eigenhändig verfasst hat. Er muss den ganzen Text der Urkunde selbst mit der Hand geschrieben haben. Nur so lässt sich aufgrund der individuellen Schriftzüge die Identität des Verfassers mit der Identität des Erblassers vergleichen und feststellen. Nur so treten die individuellen Merkmale der Handschrift des Erblassers hinreichend hervor und erlauben einen sicheren Rückschluss auf die Person des Verfassers.
- Eine eigenhändige Niederschrift fehlt, wenn eine andere Person als der Erblasser den Text geschrieben hat. Es handelt sich dann noch nicht unbedingt um ein gefälschtes, allerdings um ein formell unwirksames Testament.
- Der Erblasser muss die Erklärung eigenhändig unterschrieben haben. Auf die Art des Schreibmaterials (Bierdeckel, Notizblock) kommt es nicht an. Dabei ist aber zu prüfen, ob es sich bei dem Schriftstück um einen bloßen Entwurf handelt.
- Der zum Schreiben benutzte Körperteil beschränkt sich nicht auf die Hand, so dass auch ein Schreiben mit dem Mund, Fuß oder einer Prothese zulässig ist. Die Vorgabe „eigenhändig“ ist also nicht wörtlich zu verstehen.
- Die Art der Schriftzeichen beschränkt sich nicht nur auf die normale Schreibschrift in deutschen oder lateinischen Buchstaben. Vielmehr genügt jede Art von geschriebenen Druckbuchstaben oder jede Stenografie, sofern der Erblasser diese Art des Schreibens üblicherweise gebraucht hat und auch so eine Identitätsprüfung möglich bleibt.
- Selbst auf die Sprache kommt es nicht unbedingt an, da der Erblasser jede ihm geläufige Sprache verwenden darf. Es kann sich eine ausgefallene oder sogar tote Sprache handeln. Entscheidend ist, dass der Erblasser den Sinn des Textes verstehen konnte und dessen Inhalt später notfalls durch einen Sachverständigen ermittelt werden kann.
- Der Erblasser ist einfach zu identifizieren, wenn er mit seinem Vornamen und Familiennamen unterschreibt. Die Gültigkeit eines Testaments scheitert jedoch nicht, wenn der Erblasser mit einem Künstlernamen oder mit einem Pseudonym unterzeichnet hat, sofern die Person des Erblassers anhand sonstiger Umstände zu ermitteln ist. Die Unterschrift lediglich mit den Anfangsbuchstaben des Vornamens und Familiennamens kann ausreichen, sofern an der Identität des Erblassers keine Zweifel bestehen.
- Im Regelfall steht die Unterschrift unter der Erklärung des Erblassers und schließt diese ab. Eine sogenannte Oberschrift, die inmitten des Textes steht oder eine Unterschrift am Rande des Schriftstückes, ist in der Regel keine Unterschrift. Es kommt darauf an, dass die Unterschrift den Text abschließt und damit bestätigt, dass der vorstehenden Text vom Erblasser stammt. Spätere Zusätze sollen damit ausgeschlossen werden. Deshalb ist ein unterhalb der Unterschrift später angeführter Zusatz ohne erneute Unterschrift des Erblassers formunwirksam (OLG München Rechtspfleger 2012,28). Gleiches gilt, wenn Erben mit der Formulierung „siehe Liste“ eingesetzt werden und dem Testament eine Namensliste angehängt wird, die der Erblasser nicht unterschrieben hat (OLG München, NJW-RR 2011,156). Ein solchermaßen formunwirksames Testament kann natürlich auch ein gefälschtes Testament sein.
- Besteht das Testament aus mehreren losen Blättern, wird nicht verlangt, dass der Erblasser jedes Blatt einzeln unterschrieben hat. Zur Vermeidung späterer Zweifel kommt es aber darauf an, dass sich die Zusammengehörigkeit der Blätter zweifelsfrei feststellen lässt (aus einer Nummerierung, einem fortlaufenden Text, der Art des Papiers oder der Tinte).
- Steht die Unterschrift des Erblassers auf einem unverschlossenen Umschlag, so dass das darin enthaltene Schriftstück nicht geschützt ist, handelt es sich nicht um ein wirksames Testament. Ist der Umschlag hingegen verschlossen und hat der Erblasser darauf handschriftlich seinen Namen geschrieben, kommt es für die Gültigkeit darauf an, ob die Namensschrift nach der äußeren Erscheinung als Fortsetzung des Testamentstextes verstanden werden kann (BayOLG FamRZ 1988, 1211).
- Weitere Ansatzpunkte für ein gefälschtes und damit einer Anfechtung zugängliches Testaments ergeben sich dann, wenn der Erblasser infolge einer Drohung oder Täuschung sein Testament anders errichtet hat, als er es eigentlich wollte.
Wer kann das gefälschte Testament anfechten?
Sie können ein formunwirksames und/oder vermeintlich gefälschtes Testament anfechten, wenn Sie von der Unwirksamkeit des Testaments begünstigt werden, also von der Anfechtung profitieren würden. Sie müssen also die Rechtslage vor und nach der Anfechtung vergleichen. Wären Sie nach der erfolgreichen Anfechtung an dem Nachlass beteiligt, sind Sie zur Anfechtung berechtigt.
Die Anfechtung ist gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht zu erklären. Aus Ihrer Erklärung muss eindeutig hervorgehen, was Sie beanstanden. Berücksichtigen Sie, dass die Anfechtungsfrist ein Jahr beträgt. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem Sie von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten. Nach spätestens 30 Jahren ist die Anfechtung endgültig ausgeschlossen.
Ihre Anfechtungserklärung führt aber zunächst nur dazu, dass das Nachlassgericht alle Beteiligten informiert und die Anfechtungserklärung zur Akte nimmt. Es prüft aber nicht, ob Ihre Erklärung rechtliche Relevanz hat. Erst wenn Sie einen Erbschein beantragen, prüft das Gericht die Anfechtung. Einen Erbschein erhalten Sie nämlich nur, wenn das Gericht feststellt, dass Sie aufgrund der Anfechtung tatsächlich Erbe sind.
Haben Sie das Testament fristgerecht gegenüber dem Nachlassgericht angefochten, können Sie, statt einen Erbschein zu beantragen, auch vor dem Nachlassgericht Klage einreichen, um Ihr Erbrecht feststellen zu lassen. Berufen Sie sich auf ein gefälschtes Testament, kommt es darauf an, mit welcher Begründung Sie die Fälschung darstellen.
Alles in allem
Die Vorstellung, ein Testament sei gefälscht, wird aus der Situation heraus geboren, dass Sie als Erbe nicht zum Zuge kommen und maßlos enttäuscht sind. Trotzdem müssen Sie berücksichtigen, dass der Erblasser sein Testament so verändert haben könnte, dass Sie eben nicht mehr als Erbe zum Zuge kommen. Ein Erblasser kann ein bestehendes Testament jederzeit widerrufen. Eine Informationspflicht gegenüber vermeintlichen Erben besteht nicht. Möchten Sie also die Echtheit eines Testaments beanstanden, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten lassen und das weitere Vorgehen mit Ihrem Rechtsanwalt oder Ihrer Rechtsanwältin abstimmen.