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Direkter Zugriff auf Facebook-Konto für Erben

 
 

Was passiert eigentlich mit Ihrem Facebook-Konto nach dem Tod? Bleiben Ihre privaten Chats und Aktivitäten geheim? Vor Ihren Erben können Sie Ihre Facebook-Daten jedenfalls nicht verbergen. 2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine richtungsweisende Entscheidung (Az. III ZR 183/17) für den digitalen Nachlass getroffen: Accounts von sozialen Netzwerken gehen demnach im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Jetzt legt der BGH noch einmal nach und stellt mit Beschluss vom 27. August 2020 (Az. III ZB30/20) klar, dass der direkte Zugang zum Facebook-Konto verschafft werden muss. Ein USB-Stick mit einem umfangreichen PDF-Dokument mit Facebook-Daten genüge nicht. Lediglich die aktive Nutzung des Kontos sei nicht zulässig.

Worum ging es in dem Fall vor dem BGH?

In dem Fall forderten die Eltern Zugang zu dem Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter, um nach Anhaltspunkten für die Todesursache zu suchen, die sie dort vermuteten. Die genauen Zugangsdaten waren ihnen nicht bekannt. Sie wollten jedoch prüfen, ob ihre Tochter Suizid begangen hatte. Facebook hatte das Konto nach dem Hinweis eines unbekannten Nutzers in den so genannten Gedenkzustand versetzt, sodass der Zugang nicht mehr möglich war. Das Urteil stärkte die Rechte der Eltern als Erben und hatte nicht nur große Auswirkungen auf das Leben der trauernden Familie, sondern auch auf die Handhabung des digitalen Nachlasses für die Zukunft.

Was sind die Folgen des Urteils?

Mit dem Urteil war klar, dass den Erben der Zugang zum digitalen Nachlass gewährt werden muss. Dazu gehören neben Konten in sozialen Netzwerken übrigens auch E-Mails, Daten in der Cloud oder Kryptowährung. Somit besteht sowohl für Erben, Erblasser und Anbieter Rechtsklarheit in vielen jahrelang kontrovers diskutierten Fragen.

Das Erbrecht hat Vorrang vor dem Fernmeldegeheimnis, denn nach Auffassung des BGH tritt der Erbe nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)  an die Stelle des Erblassers und ist somit rechtlich keine „andere Person“, sodass kein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis nach § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) vorliegt. Ein etwaiges postmortales Persönlichkeitsrecht oder das Datenschutzrecht ändern daran ebenfalls nichts.

Wenn auch Sie Facebook nutzen, würden Ihre Erben im Erbfall also auch Anspruch auf Zugang zu Ihrem Facebook-Konto haben. Sie könnten nicht nur Ihre Posts und Ihren Feed sehen, sondern auch alle Chats, Fotos und weitere Aktivitäten.

Wie hat Facebook den Eltern Zugang verschafft?

Facebook hat den Eltern einen USB-Stick zukommen lassen, auf dem sich ein PDF-Dokument im Umfang von 14.000 Seiten befindet. Die Eltern waren damit jedoch nicht zufrieden, sie wollten stattdessen tatsächlichen Zugang zu dem Facebook-Konto haben. Nach einem weiteren Streit vor dem Berliner Landgericht und dem Kammergericht, entschied nun der BGH, dass Zugang heißt, sich auch „hineinbegeben“ zu können. Die Übergabe des USB-Sticks wird dieser Voraussetzung nicht gerecht, denn die Eltern können mit dem USB-Stick das Konto nicht so einsehen wie die Erblasserin selber. Grundlage für diese Auffassung ist auch hier § 1922 BGB, wonach die Erben in das Vertragsverhältnis eintreten. Die Eltern sind also die neuen Kontoberechtigten und dürfen als solche darauf zugreifen. Facebook muss den Eltern nun jedenfalls den direkten Zugang zu dem Facebook-Konto gewähren.

Wie sollten Sie mit Ihrem digitalen Nachlass umgehen?

Sie sollten sich also frühzeitig um Ihren digitalen Nachlass kümmern und bestimmen, was mit Ihrem Vermögen und Ihren Daten passieren soll. Machen Sie sich bewusst, dass ohne Testament die gesetzliche Erbfolge greift und im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge Ihr gesamter Nachlass auf die Erben übergeht. In Bezug auf Ihr Facebook-Konto oder Konten in anderen sozialen Netzwerken bedeutet das: Ihre Erben erhalten direkten Zugang zu Ihren Konten.

Möchten Sie darauf Einfluss nehmen, müssen Sie aktiv werden. Bei Facebook haben Sie die Option, festzulegen, was mit Ihrem Konto passieren soll. Soll Ihr Konto in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht werden? Sie können außerdem einen Nachlasskontakt bestimmen, der Ihre Gedenkbeiträge verwaltet, Ihre Nachrichten jedoch nicht einsehen kann. Außerdem sollten Sie daran denken, Ihren digitalen Nachlass auch in Ihrem Testament zu regeln. So können Sie eine technikaffine Person bestimmen, die Ihren digitalen Nachlass für Sie verwalten soll oder bestimmte Vermögenswerte an Einzelpersonen vermachen.

Sorgen Sie für den Fall der Fälle vor und legen Ihren letzten Willen fest.