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Fremdes Grab vor Auflassung retten

 
 

Manchmal liest man sich im Internet die Biografie seines verstorbenen Lieblingsschauspielers durch, an deren Ende der Ort der letzten Ruhe genannt ist – nebst der direkt darauffolgenden Notiz, dass das Grab vor zig Jahren bereits aufgelassen wurde. Es stellt sich dann oft Bedauern ein, dass die Erinnerung an den Prominenten verblassen wird, und in wenigen Jahren überhaupt niemand mehr seiner gedenken wird. Um dies bei anderen Grabstellen (ehemals) Prominenter zu verhindern - wäre es eine Möglichkeit anzubieten, die Grabkosten selbst zu übernehmen, um auf Erden weiterhin ein Gedenken zu ermöglichen? Nun, die Umsetzung ist nicht einfach, aber möglich.

Totenfürsorgerecht – wer bestimmt, was mit einem Grab geschieht?

Das Nutzungsrecht an einem Grab ist regelmäßig befristet und erlischt nach Ablauf der Nutzungsfrist. Nutzungsberechtigt ist derjenige, der das Totenfürsorgerecht innehat. Das Recht der Totenfürsorge steht derjenigen Person zu, die der/die Verstorbene beauftragt hat, die Beerdigung und meist auch die Grabpflege zu organisieren. In der Regel sind dafür die nächsten Angehörigen zuständig. Das Totenfürsorgerecht ist zugleich mit einer Totenfürsorgepflicht verbunden.

Wer totenfürsorgeberechtigt ist, hat das Recht und zugleich die Pflicht, sich um den Leichnam des/der Verstorbenen zu kümmern. Diese aus der Totenfürsorgepflicht folgende Bestattungspflicht ist die Pflicht, nach dem Tod einer Person dafür zu sorgen, dass eine ordnungsgemäße Bestattung veranlasst wird. Die Bestattungspflicht schreibt unter anderem vor, dass eine ärztliche Leichenschau stattfinden und eine Sterbefallanzeige im Standesamt erfolgen muss.

Die Friedhofssatzungen der Gemeinden bestimmen die Rangfolge, nach der die „nächsten geschäftsfähigen Angehörigen“ für die Totenfürsorge verantwortlich sind. Dies bedeutet, dass vornehmlich

  • der Ehepartner,
  • eingetragene Lebenspartner,
  • sodann die volljährigen Kinder,
  • Eltern,
  • Geschwister
  • oder sonstige Sorgeberechtigte

für die Bestattung zuständig sind und die Kosten für die Beerdigung tragen müssen.

Der/die Verstorbene kann aber auch bereits zu Lebzeiten in einer Bestattungsverfügung genau bestimmen, welche Person des Vertrauens er/sie mit der Bestattung beauftragen möchte. Diese Vertrauensperson übernimmt dann die Totenfürsorge und ist dafür verantwortlich, dass in der Verfügung angeordnete Wünsche umgesetzt werden. Der/die Verstorbene kann diese Person frei wählen.

Kann man das Totenfürsorgerecht übertragen?

Stehen Sie mit dem oder der Verstorbenen in keiner persönlichen Beziehung, werden Sie in der Regel nichts mit der Totenfürsorge zu tun haben. Erlischt das Nutzungsrecht an der Grabstelle, wäre es unter Umständen schade, wenn die Grabstelle abgeräumt wird und die Person, die dort beerdigt ist, in Vergessenheit gerät. Vielleicht handelt es sich bei der Person um eine bekannte Persönlichkeit, die Sie zu Lebzeiten verehrt haben. Vielleicht sind Sie auch der Auffassung, dass die Grabstelle aus historischen Gründen beibehalten werden sollte. Möchten Sie sich um das Grab kümmern, könnten Sie sich das Nutzungsrecht an der Grabstelle übertragen lassen oder zumindest die Grabpflege übernehmen. Insoweit kommen unterschiedliche Optionen in Betracht:

Grabpflege während der Grabnutzungszeit

Wurde der/die Verstorbene gerade erst beerdigt, kann es sein, dass die Angehörigen kein Interesse an der Grabpflege haben. Eine Pflicht zur Grabpflege wird durch die Totenfürsorgepflicht nicht begründet. Um zu vermeiden, dass das Grab verfällt, könnten Sie mit den totenfürsorgeberechtigten Angehörigen vereinbaren, dass Sie die Grabpflege übernehmen. Die Übernahme könnte gegen Kostenerstattung oder ehrenamtlich erfolgen.

Grabpflege nach Tod des bislang Nutzungsberechtigten

Verstirbt der bislang Nutzungsberechtigte, enthalten die Friedhofssatzungen der Gemeinden Regelungen, was mit dem Grabnutzungsrecht geschieht. Im Regelfall treten dessen Erben in die Rechtsposition des Verstorbenen ein.

Gibt es keine Erben, erlischt der Übertragungsanspruch meist, wenn alle bislang Berechtigten die Übernahme ablehnen oder es kein Berechtigter innerhalb eines Jahres seit Beisetzung des verstorbenen Nutzungsberechtigten übernimmt, das Grab weiterhin zu nutzen. In diesem Fall kann die Grabstätte während der Ruhefrist auch zur Betreuung an eine Person überlassen werden, die zu der in dem Grab bestatteten Person eine persönliche Verbindung hatte (so beispielsweise § 8 Abs. III Buchst. j Friedhofssatzung der Stadt München). Insoweit könnten Sie sich auch als fremde Person um die Grabpflege bemühen.

Übertragung des Grabnutzungsrechts

Das Grabnutzungsrecht kann übertragen werden. So könnten Sie sich auch als fremde Person in Absprache mit den bisher Nutzungsberechtigten durchaus auch das Grabnutzungsrecht übertragen lassen. Sie könnten sich also um das Grab kümmern, zumindest so lange, bis die regelmäßige Grabnutzungszeit (in der Regel 20 bis 30 Jahre) abgelaufen ist. Ist die Grabnutzungszeit abgelaufen, kann die Nutzungszeit für das Grab zumindest bei Wahlgräbern, bei Reihengräbern nicht unbedingt, verlängert werden. Wird das Grabnutzungsrecht während oder nach der Verlängerung der Grabnutzungszeit übertragen, erhalten Sie als neuer Grabnutzungsberechtigter eine Urkunde (Graburkunde).

Das Problem dabei dürfte sein, dass Sie als Nutzungsberechtigter verpflichtet wären, auch die Nutzungsgebühren für das Grab zu bezahlen, die mit Ablauf der regelmäßigen Grabnutzungszeit erneut anfallen. Die Nutzungsgebühren liegen regelmäßig in Höhe vierstelliger Beträge und sind im Zuge allgemeiner Kostensteigerungen in den Gemeinden immer mehr angestiegen und dürften auch künftig steigen.

Vielleicht hat auch der bislang Nutzungsberechtigte in einer letztwilligen Verfügung bestimmt, dass er das Nutzungsrecht an jenem Grab auf Ihre Person überträgt (vgle. z.B. § 18 Abs. II Friedhofssatzung der Stadt München). Hat der bislang Nutzungsberechtigte keine derartige letztwillige Verfügung hinterlassen, kommen Sie nur zum Zuge, wenn keine andere vorrangig berechtigte Person (Angehöriger) das Nutzungsrecht beansprucht.

Wie ist zu erfahren, ob und wann ein Grab aufgelassen wird?

Ist die Nutzungsfrist für ein Grab abgelaufen, wird das Grab von der Friedhofsverwaltung abgeräumt. Bevor ein Grab abgeräumt wird, wird der bislang Nutzungsberechtigte informiert. Dies geschieht meist dadurch, dass die Friedhofsverwaltung auf dem Grabstein oder der Grabplatte einen deutlich sichtbaren schriftlichen Hinweis anbringt, dass die Ruhefrist für das Grab abgelaufen ist. Zugleich wird der Nutzungsberechtigte aufgefordert, die Grabstelle zu räumen. Wird innerhalb einer vorgegebenen Frist nicht geräumt, räumt die Friedhofsverwaltung das Grab ab.

Ansonsten lässt sich auch in Kenntnis des Todestages des/der Verstorbenen und im Hinblick auf die übliche Nutzungszeit von 20 bis 30 Jahren nachvollziehen, wann damit zu rechnen ist, dass das Nutzungsrecht ausläuft. Sie könnten sich dann bei der Friedhofsverwaltung der Gemeinde erkundigen, wann dies der Fall ist. Ob Sie aus datenschutzrechtlichen Gründen aber tatsächlich eine Auskunft erhalten, dürfte eher zweifelhaft sein. Besser wäre, wenn Sie sich mit dem vermeintlichen Nutzungsberechtigten in Verbindung setzen und erklären, dass Sie ein Interesse daran haben, dass eventuell die Nutzungsfrist für das Grab verlängert wird und wie Sie sich dafür engagieren möchten

Gibt es zum Totenfürsorgerecht Entscheidungen von Gerichten?

Das Totenfürsorgerecht ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

  • Derjenige Angehörige, der für die Beerdigung zuständig ist, hat im Regelfall auch das Recht, das Grab zu pflegen und darüber zu bestimmen, wie das Grab gestaltet und gepflegt wird. In diesem Sinne hatte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 26.2.2019, Az. VI ZR 272/18) klargestellt, dass der zur Totenfürsorge berechtigte Angehörige über die Gestaltung und das Erscheinungsbild einer Grabstätte bestimmen und den von einer anderen Person aufgebrachten, nicht adäquaten Grabschmuck entfernen darf. Hierzu enthalten die Friedhofssatzungen meist detaillierte Gestaltungsvorschriften.
  • Die Umbettung eines/einer Verstorbenen kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ein wichtiger Grund dafür kann darin bestehen, wenn das Umbettungsinteresse die durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz geschützte Totenruhe überwiegt. Die unantastbare Würde des Menschen wirkt über dessen Tod hinaus und gebietet neben einer würdigen Bestattung auch den Schutz der Totenruhe. Eine Ausnahme kann vorliegen, wenn die Umbettung die Würde des Verstorbenen besser wahrt und seinem Willen besser Rechnung trägt (z.B. § 12 Bestattungsgesetz NRW). Insofern kann die Störung der Totenruhe begründet sein, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten bereits sein ausdrückliches Einverständnis mit der Umbettung erklärt hat (z.B. Umbettung in ein Familiengrab) oder dem Totenfürsorgeberechtigten das Recht der Totenfürsorge (z.B. Grabpflege bei weit entferntem Wohnort) in unzumutbarer Weise erschwert oder unmöglich gemacht wird (Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 26.8.2011, Az. 1 K 2077/10).
  • Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 3.5.2022, Az. 21 K 30/21) ist eine 30 km weite Autofahrt zu einer in der Innenstadt gelegenen Grabstätte trotz gesundheitlicher Einschränkungen zumutbar.

Alles in allem

Der Wert eines Menschen bestimmt sich auch danach, wie man sich an ihn oder sie nach dem Tod erinnert. Eine über die regelmäßige Nutzungszeit des Grabes hinaus dauernde Pflege kann dazu beitragen, die Würde und Erinnerung an den oder die Verstorbene aufrechtzuerhalten.