Was ist eine Patientenverfügung und brauche ich eine?

Wie kann ich mein Selbstbestimmungsrecht wahren?

Schicksalsschläge können jeden Menschen unerwartet treffen. Durch einen plötzlichen Unfall oder einen untypischen Krankheitsverlauf kann es von einem Moment auf den nächsten passieren, dass Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Mit Hilfe einer Patientenverfügung können Sie auch in diesen Situationen Ihr Selbstbestimmungsrecht wahren. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Regelungen Sie mit einer Patientenverfügung treffen können und wann eine Patientenverfügung sinnvoll ist.

Das Wichtigste

  • Mit Hilfe einer Patientenverfügung können Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht wahren, selbst wenn Sie nicht mehr dazu in der Lage sind, Ihren Willen zu äußern.
  • Sie können festlegen, welche medizinischen Maßnahmen in bestimmten Behandlungssituationen durchzuführen oder zu unterlassen sind. Dazu müssen Sie die Situationen und Maßnahmen konkret beschreiben.
  • Wenn Sie für eine bestimmte Behandlungssituation keine konkrete Vorgabe festgelegt haben, ist Ihr mutmaßlicher Wille zu bestimmen.
  • Ob Sie eine Patientenverfügung wünschen oder benötigen, hängt ganz von Ihrer individuellen Situation und Ihren Wertvorstellungen über Leben und Tod ab. Es ist Ihre ganz persönliche Entscheidung.

Was ist eine Patientenverfügung?

Die Patientenverfügung ist gesetzlich in § 1901a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Sie ist eine schriftliche Verfügung, in der Sie verbindlich festlegen können, welche Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe in bestimmten Behandlungssituationen durchzuführen oder zu unterlassen sind. Mit Hilfe einer Patientenverfügung können Sie für den Fall vorsorgen, dass Sie gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage sind, Ihren Willen zu äußern. Also zum Beispiel, wenn es plötzlich zu einem Unfall kommt oder Sie sich im Endstadium einer Krankheit befinden.

Sie können sowohl konkrete Anweisungen für bestimmte Behandlungsszenarien festlegen, als auch allgemeine Ausführungen zu Ihren persönlichen Wertvorstellungen beifügen, um Ihr ärztliches Behandlungsteam und Ihre Vertrauensperson bei der Ermittlung Ihres mutmaßlichen Willens zu unterstützen.

Gut zu wissen:

Auch mündliche Äußerungen sind zu berücksichtigen, aber sie sind natürlich viel schwieriger nachzuweisen und es besteht immer die Gefahr, dass Ihre Aussagen versehentlich oder gar wissentlich verfälscht werden.

Wenn Sie keine Vertrauensperson festlegen, sind Ihre Ehepartnerin bzw. Ihr Ehepartner oder Ihre Angehörigen nicht automatisch bevollmächtigt, über Ihre medizinische Behandlung zu entscheiden. Sie müssen konkret von Ihnen bevollmächtigt worden sein. Liegt keine Bevollmächtigung vor, kann das Betreuungsgericht eine Person bestimmen.

Wer kann eine Patientenverfügung erstellen?

Sie müssen einwilligungsfähig und volljährig sein, um eine Patientenverfügung zu erstellen. Einwilligungsfähig bedeutet, dass Sie dazu in der Lage sein müssen, die Art, Bedeutung und Tragweite der medizinischen Maßnahmen zu erfassen und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen.

Wie viel kostet eine notariell beurkundete Patientenverfügung?

Für die notarielle Beurkundung einer Patientenverfügung fällt nach Kostenverzeichnisnummer 21200 zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) eine Gebühr von mindestens EUR an. In Einzelfällen, wenn etwa ein besonders hohes Vermögen vorliegt, kann die Gebühr auch etwas höher ausfallen. Zu dieser Gebühr kommen dann noch die Mehrwertsteuer sowie eine mögliche Pauschale für Porto- und Telefonkosten etc. hinzu.

Brauche ich eine Patientenverfügung?

Ob Sie eine Patientenverfügung erstellen möchten, ist Ihre ganz persönliche Entscheidung. Es ist gesetzlich in § 1905a Absatz 5 des BGB festgelegt, dass niemand zur Erstellung verpflichtet werden darf.

Wichtig ist vor allem, dass Sie sich über die Konsequenzen informieren und sich Gedanken darüber machen, welche Ängste und Wünsche Sie in Bezug auf Krankheit, Leben und Tod haben. Dies sind eher unangenehme, aber auch wichtige Themen. Tritt der Ernstfall ein, haben Sie im Zweifel bereits vorgesorgt. Nehmen Sie sich Zeit für die Entscheidung und setzen sich mit existenziellen Fragen auseinander:

  • Wie gehen Sie mit Krankheit und Leiden um?
  • Was ist Ihnen für Ihr Leben wichtiger, vorausgesetzt beides ist nicht miteinander vereinbar: Möglichst lange, um jeden Preis am Leben bleiben? Oder selbstbestimmt und nach Ihrer Definition würdevoll sterben?
  • Was folgt nach Ihrem Glauben bzw. Ihrer Weltanschauung auf den Tod?
  • Möchten Sie am Leben erhalten werden, auch wenn Sie nicht mehr eigenständig leben können?
  • Wie stehen Sie zur Zuführung von Schmerzmitteln, Bluttransfusionen etc.?
  • Wie stellen Sie sich Ihre letzten Stunden vor?

Sprechen Sie mit Ihrer Familie und anderen Menschen, die Ihnen nahestehen – insbesondere mit der Person, die Sie gerne als Vertrauensperson einsetzen möchten und tauschen sich aus. Wenn Sie bestimmte Vorerkrankungen oder Gesundheitsrisiken haben, können Sie auch mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt sprechen, welche Dringlichkeit für eine Patientenverfügung besteht und nochmal alle Fragen klären.

Gut zu wissen:

Sie können auch zu dem Ergebnis kommen, dass Sie gerade keine Patientenverfügung erstellen möchten und es zu Ihren Wertvorstellungen über Leben und Tod passt, gerade keine Vorgaben für medizinische Behandlungen zu machen. Im Zweifel ist das ärztliche Behandlungsteam dazu verpflichtet, mögliche medizinische Maßnahmen durchzuführen, um Ihr Leben zu retten.

Welche Regelungen gehören in eine Patientenverfügung?

Die Patientenverfügung sollte individuell auf Ihre Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten werden. Je nach Vorerkrankung oder persönlicher Situation können ganz unterschiedliche Regelungen sinnvoll sein. Es gibt jedoch trotzdem einige Standardfragen, die eine gute Grundlage für jede Patientenverfügung sind, weil sie für eine medizinische Versorgung von grundlegender Bedeutung sind.

Persönliche Daten

Damit Ihnen die Patientenverfügung eindeutig zugeordnet werden kann, müssen Sie natürlich Ihre persönlichen Daten angeben. Dazu gehören Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Ihre aktuelle Anschrift. Denken Sie auch an das Datum der Erstellung sowie Ihre Unterschrift.

Expertentipp:

Sollten Sie nicht mehr dazu in der Lage sein, Ihre Patientenverfügung zu unterschreiben, genügt auch ein Handzeichen. Ein Handzeichen ist ein beliebiges Zeichen, das anstelle einer Unterschrift verwendet wird. Das Handzeichen muss allerdings notariell beglaubigt werden.

Lebenserhaltende Maßnahmen

Bestimmen Sie, welche lebenserhaltenden Maßnahmen vorgenommen werden dürfen und welche lebenserhaltenden Maßnahmen zu unterlassen sind. Klären Sie auch, ob und in welchen Behandlungssituationen Sie eine Wiederbelebung wünschen oder ablehnen. Gleiches gilt für künstliche Beatmung und Ernährung.

Expertentipp:

Denken Sie daran, konkrete Behandlungssituationen zu beschreiben. Ein genereller Ausschluss wie „Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ wird von den Gerichten als zu vage bewertet. Bleiben Sie bei zu allgemeinen Aussagen, riskieren Sie, dass Ihre Patientenverfügung und somit Ihr Wille nicht beachtet werden kann.

Schmerzbehandlung, Antibiotika & Bluttransfusionen

Des Weiteren müssen Sie festlegen ob Sie eine Schmerzlinderung wünschen und in welchen Fällen welche Art von Schmerzmitteln verabreicht werden dürfen. Klären Sie auch die Zuführung von Antibiotika und Bluttransfusionen bzw. Transfusion von Blutbestandteilen.

Ort der Behandlung

Sie können auch festlegen, wo Sie Ihre letzten Stunden verbringen möchten. Manche Menschen möchten lieber in einem Krankenhaus sterben, während andere Menschen es vorziehen zu Hause oder in gewohnter Umgebung zu sterben. Eine weitere Option ist die Behandlung in einem Hospiz.

Vertrauensperson

Sie können eine Vertrauensperson benennen, die Ihre Patientenverfügung durchsetzen und bei der Ermittlung Ihres mutmaßlichen Willens helfen soll. Ihre Vertrauensperson ist an Ihren Willen gebunden und darf nicht etwa ihren eigenen Willen durchsetzen oder über Ihren Willen stellen.

Individuelle Regelungen

Neben den Standard-Regelungen können weitere individuelle Regelungen für Ihre persönliche oder gesundheitliche Situation sinnvoll oder sogar notwendig sein. Lassen Sie sich umfassend beraten und gehen sicher, dass Sie Ihre Patientenverfügung wirklich an Ihre Bedürfnisse und Wünsche anpassen.

Persönliche Wertvorstellungen

Es ist empfehlenswert, allgemeine Ausführungen zu Ihren persönlichen Wertvorstellungen über Leben und Tod beizufügen, um eine Auslegungshilfe für Ihren mutmaßlichen Willen bereit zu stellen. Auch wenn Sie Ihre Patientenverfügung mit größter Sorgfalt erstellt haben, kann es sein, dass Sie eine bestimmte Behandlungssituation nicht erfasst haben. Damit trotzdem nach Ihrem Willen, zumindest Ihrem mutmaßlichen Willen, gehandelt werden kann, benötigt das ärztliche Behandlungsteam Informationen.

Ihre Ausführungen können allgemeiner gehalten werden als die konkreten Regelungen in der Patientenverfügung selber. Es geht vor allem darum, dass deutlich wird, was Ihre Wünsche und Ängste sind und welche Vorgehensweise Sie im Zweifelsfall vorziehen. Grundlage können kulturelle oder religiöse Wertvorstellungen oder Weltanschauungen sein, aber auch alle anderen Vorstellungen, die Sie in Ihrem Leben gewonnen haben und nach denen Sie medizinisch behandelt werden möchten. Die passende Lösung kann für jeden Menschen anders aussehen.

Ist meine Patientenverfügung rechtlich bindend?

Eine wirksame Patientenverfügung ist rechtlich bindend und muss vom ärztlichen Behandlungsteam sowie Ihrer Vertrauensperson beachtet werden. Dafür müssen Sie sichergehen, dass Ihr Wille eindeutig und klar aus Ihrer Patientenverfügung hervorgeht. Beschreiben Sie die Behandlungssituationen eindeutig und ordnen Sie die medizinischen Maßnahmen konkret zu. Achten Sie dabei auf die exakte Bezeichnung der medizinischen Maßnahme. Dabei dürfen die Anforderungen an die Genauigkeit jedoch auch nicht überspitzt werden. Es genügt, wenn Ihr Wille deutlich wird und Ihr ärztliches Behandlungsteam eindeutig feststellen kann, welche medizinischen Maßnahmen Sie in welcher Situation wünschen oder ablehnen.

Wo soll ich meine Patientenverfügung aufbewahren?

Damit Ihre Patientenverfügung umgesetzt werden kann, muss sie natürlich bekannt und verfügbar sein. Wenn Sie in ein Krankenhaus aufgenommen werden, können Sie bereits auf die Patientenverfügung und ihren Aufbewahrungsort hinweisen oder sie gleich mitbringen. Ihre Vertrauensperson sollte ebenfalls darüber informiert sein. Hilfreich kann auch ein Hinweis auf den Aufbewahrungsort sein, den Sie immer bei sich führen.

Eine weitere und womöglich sicherere Option ist das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer. Dort können Sie Ihre Patientenverfügung sicher vor Verlust und Verfälschung aufbewahren und sich darauf verlassen, dass sie auffindbar ist. Das Betreuungsgericht kann deutschlandweit rund um die Uhr auf Ihre hinterlegte Patientenverfügung zugreifen. Selbstverständlich können Sie weiterhin jederzeit Änderungen an Ihrer Patientenverfügung vornehmen.

Fazit

Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, bis zum Schluss selbstbestimmt zu leben und Ihren Willen bezüglich medizinischer Maßnahmen bindend festzuhalten. Es ist Ihre ganz persönliche Entscheidung, ob Sie eine Patientenverfügung erstellen möchten und was Sie darin festlegen möchten.

Autor:  iurFRIEND-Redaktion

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